Aufsichts- und Verwaltungsratsvergütungen

In der jüngeren Vergangenheit, genauer gesagt seit Sommer 2019, waren Aufsichtsratsmitglieder (bzw. grds. sämtliche Arten von Gremiumsmitglieder) dauerhaft im umsatzsteuerlichen Fokus der Betrachtung, nachdem der EuGH, abweichend von der bis dato allgemeingültigen Behandlung dieses Personenkreises, entschieden hatte, dass ein Aufsichtsratsmitglied einer Stiftung mit ausschließlich fester Vergütung nicht selbständig tätig und damit nicht als Unternehmer anzusehen sei. 

Diese Rechtsprechung wurde seitens des BFHs und anschließend auch seitens der Verwaltung adaptiert, so dass beide Instanzen ihre Auffassungen zu diesem Themenkomplex grundlegend änderten und seither nur noch Aufsichtsratsmitglieder (bzw. andere Gremiumsmitglieder) mit einem variablen Anteil von mindestens 10% der gesamten Vergütung als Unternehmer angesehen werden. 

Nach zwei BMF-Schreiben und deren Umsetzung in Abschnitt 2.2 Abs. 3a UStAE, schien das Thema „erledigt“, bis sich der EuGH, in einem Urteil aus Dezember 2023 wieder einmal mit der Behandlung eines Aufsichtsrats - diesmal einer luxemburgischen Aktiengesellschaft - zu beschäftigen hatte. 

Im Urteilsfall kam konkret die Frage auf, ob denn ein Aufsichtsratsmitglied bei einer ausschließlich variablen Entlohnung ein wirtschaftliches Risiko trage und er damit als umsatzsteuerlicher Unternehmer agiere; bei einer rein fixen Vergütung hatte der EuGH dies ja bereits in 2019 verneint. 

Wie schon in 2019 kam der EuGH auch diesmal zu der Entscheidung, dass eines der Grundprinzipien des umsatzsteuerlichen Unternehmertums - das eigene unternehmerische Risiko - bei einem Aufsichtsratsmitglied - trotz variabler Vergütung - nicht gegeben sei und verneinte aufs Neue die Unternehmereigenschaft. 

Im Ergebnis dürfte die genannte Entscheidung, auch wenn sie i. Z. m. einem luxemburgischen Aufsichtsratsmitglied gefällt wurde, ebenfalls auf Deutschland übertragbar sein, so dass der UStAE aller Voraussicht nach einer weiteren grundlegenden Überarbeitung unterzogen werden dürfte.

 

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN:

  • Die Auffassung der Finanzverwaltung in Abschnitt 2.3 Abs. 3a zur Behandlung von Aufsichtsräten wurde letztmalig mit Datum vom 29.03.2022 überarbeitet und gilt seither unverändert, weshalb nach herrschender Literaturmeinung Vertrauensschutz im Hinblick auf die aktuell gültige Regelung gelten sollte: Das bedeutet, dass bei Aufsichtsräten mit einer reinen Fixvergütung bzw. bei einem variablen Anteil von bis zu 10% ohnehin nicht von umsatzsteuerlichen Unternehmern auszugehen ist; ab 10% variabler Vergütung ist hingegen sehr wohl von steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen eines Unternehmers auszugehen.
  • Vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils dürften Änderungen des Anwendungserlasses unausweichlich sein, so dass künftig Schluss mit dem Grundsatz: ‚wer häufiger zur Sitzung kommt, ist schneller Unternehmer‘ sein dürfte.
  • Im Ergebnis hat dieses Urteil vorrangig für die Gremiumsmitglieder Bedeutung, die in der jüngeren Vergangenheit an ihrer Unternehmereigenschaft festhalten wollten und sich „vorsätzlich“ zugunsten variabler Vergütungsbestandteile ausgesprochen haben; Gremiumsmitglieder, die hingegen absichtlich fixe Vergütungen erhalten, dürfte das Urteil aus Dezember 2023 nicht tangieren.

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